Espressotasse auf Holzbrett

Was ist ein guter Espresso?

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Was ist ein guter Espresso?

Geschmäcker sind bekanntlich unterschiedlich und nichts kann das so sehr bestätigen, wie meine bisherige Erfahrung mit Espresso. Dieses Getränk scheint mehr zu polarisieren, als jeder Filterkaffee.

Während ich Espresso nur noch in Cafés bestelle, die über eine Rösterei verfügen oder ihre Bohnen von Spezialitätenröstereien erhalten, suchen Viele das bittere, teils auch rauchige Erlebnis, das ich persönlich inzwischen ablehne und das mir oft zu einseitig und flach scheint. Ich mag Komplexität und Süße, und das auch im Espresso. Aber das liegt sicher an meinem Hintergrund im Kaffee-Business und ich verurteile niemanden, die das anders sieht.

Was meiner Meinung nach einen guten Espresso ausmacht, und das ganz objektiv gesehen, ist die Balance zwischen Säure und Bitterkeit, die dann Süße kreiert. Süße – wer mag das nicht? Ich glaube, dass niemand Nein zu einem süßen Espresso sagen würde, egal ob er nun nach reifen Früchten oder Schokolade schmeckt. „Sauer“ hingegen, oder „bitter“ – das polarisiert! Nun enthält aber jeder Kaffee von Natur aus Säure und Bitterkeit (letztere rührt tatsächlich oft auch vom Koffeingehalt her, allerdings nicht ausschließlich). Kaffeebohnen der Sorte Arabica bringen oft mehr natürliche Säuren mit, Kaffeebohnen der Sorte Canephora eher natürliche Bitterkeit. Die wohl bekannteste Canephora-Varietät ist Robusta.

Wenn ich nun einen Espresso suche, der wenig polarisieren soll, sollte ich dann eine Mischung aus Canephora und Arabica wählen? Das macht oft Sinn, um den Säure-Bitterkeitgehalt besser auszugleichen.

Auch reine Arabica oder reine Canephora Espressi können allerdings sehr lecker und balanciert sein. Ich sage immer „Säure ist nichts Schlimmes und kommt natürlicherweise im Kaffee vor. Sie muss nur gut eingebunden sein.“ Eine gut eingebundene Säure ist bei Kaffees ein Qualitätsmerkmal. In der Kaffeewelt bewerten wir einen guten Kaffee vor allem auch nach der Komplexität seiner Säure – ist diese allerdings schlecht eingebunden, gibt es Punkteabzug.

Wenn ich eine Bohne für Espresso auswähle, fange ich beim Rohkaffee an. Kaffees mit eher viel und guter Säure verwende ich lieber für helle Röstungen und Filterkaffees, während ich mich für Espresso eher an Textur, Körper und Süße eines Rohkaffees orientiere. Oft wähle ich Kaffees für Espressoröstungen, die per se schon weniger Säure mitbringen.

Die Bedeutung eines gut geschulten Barista

Wenn die Rösterin oder der Röster in der Kaffeerösterei nun eine Bohne ausgewählt hat und mit der Röstung Eigenschaften wie Süße und Körper betont hat, kommt für die Zubereitung des Espresso ein:e Barista ins Spiel. Dabei gilt: Je manueller die Maschine, desto geschulter muss das Personal sein. Eine Siebträgermaschine ist etwas sehr Manuelles. Ein Vollautomat wäre das glatte Gegenteil. Wenn ich eine Siebträgermaschine habe, sollte ich auf jeden Fall sehr gut geschultes Personal haben. Oder zuhause als Homebarista bereit sein, Zeit aufzuwenden um die entsprechenden Parameter zu erlernen. Ich treffe sehr häufig auf Menschen, die sich für zuhause eine teure Siebträgermaschine gekauft haben, nur um dann enttäuscht festzustellen, dass „der Kaffee daraus gar nicht so gut schmeckt“.

Ja. Wer keine Zeit und Muße hat, sich mit einer Siebträgermaschine auseinanderzusetzen, dem empfehle ich zum Beispiel eine Bialetti Herdkanne für Espresso. Das zusammen mit einer guten Mühle ergibt mit höherer Wahrscheinlichkeit einen balancierten Espresso, als jede Siebträgermaschine. Weil man hier nicht so viel falsch machen kann. Für eine Gastronomie, die sich gar nicht mit der handwerklichen Zubereitung von Kaffee auseinandersetzen möchte, empfehle ich einen Vollautomaten (Ja, ihr habt richtig gelesen).

Bei der Siebträgermaschine gibt es mehrere Parameter, auf die es ankommt, um einen balancierten Espresso zu extrahieren. Die lassen sich alle manuell beliebig einstellen. Einerseits cool, dass man hier so viel beeinflussen kann! So kann ich auf jeden Kaffee und Geschmack viel besser eingehen und mit höherer Wahrscheinlichkeit die feinen Unterschiede zwischen verschiedenen Bohnen und Origins darstellen. Andererseits birgt es aber auch Risiken. Je mehr Variablen wir haben, desto mehr Risiko gibt es auch, dass der Espresso unbalanciert wird, wenn wir eine dieser Variablen vernachlässigen. Denn sie beeinflussen sich alle gegenseitig.

  1. Ratio: das Verhältnis vom Gewicht des gemahlenen Kaffees zum Gewicht des extrahierten Getränks in der Tasse. Kommen z.B. 18 Gramm in mein Doppelsieb rein und 45 Gramm raus, dann habe ich eine Ratio von 1:2,5. Die lege ich normalerweise vorher fest.
  2. Mühle: der Mahlgrad bestimmt die Durchflussrate und somit auch die Geschwindigkeit, in der ein Espresso extrahiert wird. Als Faustregel gilt „bei zu viel Bitterkeit eher gröber mahlen, bei zu viel Säure eher feiner mahlen“.
  3. Durchlaufzeit: Es gibt eine Faustregel, die besagt, dass ein Espresso zwischen 25 und 35 Sekunden durchlaufen solle. Das ist gut zur Orientierung. In der Praxis ist es jedoch viel wichtiger, zu probieren: Ich hatte mal einen sehr dunkel gerösteten Espresso, der bei 19 Sekunden am besten geschmeckt hat und einen sehr hellen Espresso, der mir bei 42 Sekunden am besten geschmeckt hat.
  4. Druck: industrielle Kaffeemaschinen arbeiten mit 9 bar. Bei der unicapro, die wir benutzen, lässt sich der Druck ganz individuell einstellen. Das nutzen wir und arbeiten für hellere Röstungen lieber mit weniger Druck.
  5. Temperatur: industrielle Kaffeemaschinen arbeiten mit 93 Grad Celsius. Bei der unicapro, die wir benutzen, lassen sich auch andere Temperaturen einstellen. Für uns eine tolle Möglichkeit, mit ein und demselben Espresso zu spielen und mehrere Profile einzustellen!

Vor allem die ersten drei Parameter müsst ihr zwangsläufig bei jedem Espresso-Shot selbst einstellen und darüber entscheiden, welche Ratio, welchen Mahlgrad und welche Durchlaufzeit am besten zu der entsprechenden Röstung passt.

Dazu ändert ihr am besten immer nur eine Variable und probiert. Dann eine weitere Variable und probiert… Haltet alles auf Papier fest, um nachvollziehen zu können, welche Veränderung am Prozess zu welcher Veränderung in der Tasse geführt hat. Eine Waage braucht ihr dazu zwangsläufig.

Eine gute Mühle ist ebenso essentiell. Mit „gut“ meine ich: eine Mühle, die den Kaffee so mahlen kann, dass alle Partikel gleich groß sind. Unterschiedlich große Partikel führen dazu, dass der Kaffee unterschiedlich extrahiert wird und das führt dazu, dass er unbalanciert schmeckt. Auf diese Weise kommt z.B. oft der Geschmack einer überspitzten Säure, oder eine „extremen Bitterkeit bei gleichzeitiger extremer Säure“ zustande. Letzteres kann allerdings auch schnell durch Channeling passieren. So nennt man es, wenn das Wasser sich den einfachsten Weg durch den Puck bahnt und dadurch der Espresso ungleichmäßig extrahiert wird. Das passiert z.B. wenn ihr den Kaffee nicht richtig andrückt. Schiefes Tampen oder kleine „Löcher“ im Kaffeemehl führen zu Channeling.

Es gibt noch so viel mehr über Espresso zu lernen. Hast du eine Gastronomie und bist bereit für das nächste Kaffee-Level? Dann buche jetzt eine unverbindliche Kaffeeberatung mit mir: hier klicken. Baristaschulungen bieten wir – auch für private Gruppen – an. Schreibt mir dazu einfach eine Mail: info@caraya-coffee.com

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